
Bremen. 3,1 Millionen Euro Mehrkosten – der Kassensturz nach dem ersten Bauabschnitt der Justizvollzugsanstalt Oslebshausen sorgte für Ernüchterung. Auch das Justizressort erfuhr erst spät davon. Jetzt wird ein Gebäude nicht saniert, das man dank sinkender Häftlingszahlen ohnehin wohl nicht mehr braucht. Kritik an der Planung gibt es aus Reihen der CDU.
27,7 Millionen Euro sollte der erste Bauabschnitt in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Oslebshausen kosten – mehr als die Hälfte der insgesamt 50,8 Millionen Euro, die für den Umbau bewilligt sind, ist damit schon verbraucht. Doch kostete der Bauabschnitt 3,1 Millionen Euro mehr. Das Justizressort erfuhr dies erst im Laufe dieses Jahres, wie Justizstaatsrat Matthias Stauch am Mittwoch dem Rechtsausschuss der Bürgerschaft erklärte.
Als Konsequenz will die Behörde die weiteren Abschnitte nun engmaschiger überwachen. „Natürlich ist das ärgerlich,“, sagt der Sprecher des Justizressorts, Thomas Ehmke, „wichtig ist aber auch, dass es bis jetzt keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass die höheren Kosten vermeidbar gewesen wären – selbst, wenn wir früher davon gewusst hätten.“
Im Kostenrahmen bleiben will das Justizressort dennoch. Haus 3 auf dem Gefängnisgelände soll nicht saniert werden. Das geht, weil die Gefangenenzahlen seit Jahren rückläufig sind. Saßen im Jahr 2002 durchschnittlich noch 782 Gefangene in Oslebshausen ein, waren es 2008 nur noch 625 und im vergangenen Jahr sogar nur noch durchschnittlich 598.
Die Haftplätze in Haus 3 würden also nicht gebraucht, erklärt Ehmke, der davon ausgeht, dass es sich dabei um einen nachhaltigen Trend handelt. „Dass die Zahl der Gefangenen zurückgeht, ist bundesweit so und hat vor allem demografische Gründe“, sagt er. Während der Planungsphase habe man das noch nicht seriös absehen können. Jetzt habe sich der Trend aber so sehr gefestigt, dass man so entscheiden konnte.
Und entscheiden musste man. „Wir standen vor der Wahl, mehr Geld zu beantragen oder auf etwas zu verzichten“, sagt Ehmke. „Wir haben uns dazu entschieden, dass wir den Kostenrahmen einhalten wollen.“ 4,4 Millionen Euro waren für das Haus 3 veranschlagt – Geld das jetzt die Mehrkosten auffangen soll. Nach Abschluss der Sanierungen soll das Gebäude erst einmal erhalten werden. Falls der Trend der sinkenden Häftlingszahlen sich doch noch umkehrt, hätte man dann ein Gebäude in der Hinterhand. Davon allerdings gehe derzeit niemand aus, so Ehmke.
Das Problem der Mehrkosten sei dadurch nicht gelöst, sondern nur verschoben, kritisiert Gabriela Piontkowski, in der CDU-Fraktion zuständig für Haushalts- und Rechtspolitik. „Es ist Augenwischerei, zu behaupten, dass man mit dem Etat auskommt, denn irgendwann wird man entscheiden müssen, was man mit Haus 3 macht – und das wird Geld kosten“, sagt sie. Und fordert, schon jetzt unterschiedliche Szenarien für die künftige Nutzung zu entwerfen und die Kosten zu benennen.
Das als Bericht anzufordern, sei ihr gutes Recht, sagt Sülmez Dogan, rechtspolitische Sprecherin der Grünen. Wie die Vertreter der anderen Fraktionen sieht sie in der Kostensteigerung aber keinen großen Skandal. Ärgerlich sei das natürlich, sagt Dogan, ebenso wie die späte Information der Behörde und der Abgeordneten. Den Umgang des Ressort mit dem Problem und den Versuch, den Kostenrahmen dennoch einzuhalten, aber lobt Dogan – und findet auch das weitere Vorgehen mit Haus 3 richtig. „Es ist sicher sinnvoll, dass man erst einmal abwartet, ob der Trend sich wirklich so entwickelt und dann reagiert“, sagt sie, „diese Zeit sollten wir uns nehmen.“
Die SPD-Abgeordnete Insa Peters-Rehwinkel, die Vorsitzende des Rechtsausschusses, sieht das ähnlich. „Man hat jetzt die tatsächlich vorhandene rückläufige Entwicklung aufgenommen, um das Problem zu lösen“, sagt sie. Gut sei zudem, dass man mit dem Neubau begonnen habe. Dort sei der Bedarf am dringendsten gewesen – und bei der Sanierung des Bestands habe man bessere Möglichkeiten, um nachzusteuern.
Selbst der Linken-Abgeordnete Peter Erlanson sieht kaum Anlass zur Kritik. Nachvollziehbar sei die Darstellung des Justizstaatsrats gewesen, sagt er. Dass man Haus 3 auch ohne Sanierung erst einmal stehen lasse und die weitere Entwicklung abwarte, sei durchaus stimmig.